Warum die Bedeutung von Arbeitszeugnissen immer weiter abnimmt
Das Arbeitszeugnis galt lange Zeit als essenzielles Dokument im Bewerbungsprozess. Doch die Aussagekraft und Verlässlichkeit von Zeugnissen werden zunehmend infrage gestellt. Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer haben Möglichkeiten, den Inhalt zu beeinflussen – sei es durch übertrieben negative oder geschönte Formulierungen. Doch was bedeutet das für die Zukunft des Arbeitszeugnisses?
Die schwindende Verlässlichkeit von Arbeitszeugnissen
Oft kann ein Arbeitszeugnis nur noch zum Abgleich mit dem Lebenslauf verwendet werden. Und das obwohl es eigentlich andere Aufgaben hat: Ein Arbeitszeugnis soll eine objektive Bewertung der Leistung und des Verhaltens eines Arbeitnehmers darstellen. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass dieses Ideal oft nicht erreicht wird. Gründe dafür sind:
Nachtreten durch den Arbeitgeber:
Manchmal nutzen Unternehmen das Arbeitszeugnis als Druckmittel oder zur Abrechnung mit ehemaligen Mitarbeitern. Dies führt zu übermäßig kritischen und negativen Formulierungen.
Einklagen von wohlwollenden Zeugnissen:
Arbeitnehmer haben das Recht, ein wohlwollendes Zeugnis zu verlangen. Ein Zeugnis mit Einzelnoten, die jede für sich schlechter sind als eine drei, ist vor Gericht nur schwer bis gar nicht durchsetzungsfähig.
Dies führt dazu, dass viele Zeugnisse gerichtlich erstritten werden – mit dem Ergebnis, dass sie oft beschönigend und somit wenig aussagekräftig sind.
Zeugnissprache als Code:
Viele Formulierungen folgen einem geheimen Code, der nicht jedem bekannt ist. Auch vielen Verantwortlichen zur Zeugniserstellung – insbesondere in kleineren Unternehmen – fehlt hierzu oft die Erfahrung. Was auf den ersten Blick positiv klingt, kann in Wirklichkeit eine versteckte Kritik sein. Dies erschwert es, Zeugnisse richtig zu interpretieren.
Welche Alternativen gewinnen an Bedeutung?
Da die Aussagekraft von Arbeitszeugnissen schwindet, setzen Unternehmen zunehmend auf alternative Methoden zur Beurteilung von Bewerbern:
Referenzen und persönliche Empfehlungen:
Direktkontakte zu früheren Vorgesetzten oder Kollegen geben oft ein authentischeres Bild über die tatsächlichen Leistungen und das Verhalten eines Kandidaten.
LinkedIn & Co.:
Digitale Plattformen bieten die Möglichkeit, Empfehlungen und Bewertungen von Kontakten zu erhalten, die in der Branche bekannt sind.
Probearbeiten und Assessment-Center:
Anstatt sich auf vergangene Bewertungen zu verlassen, setzen Unternehmen auf praktische Tests und direkte Einblicke in die Arbeitsweise eines Bewerbers.
Soft-Skills-Tests und Persönlichkeitstests:
Moderne Rekrutierungsmethoden legen verstärkt Wert auf soziale Kompetenzen, die sich nicht immer aus einem Arbeitszeugnis ablesen lassen.
Fazit: Ist das Arbeitszeugnis ein Auslaufmodell?
Die Bedeutung von Arbeitszeugnissen nimmt stetig ab, weil ihre Verlässlichkeit untergraben wird. Stattdessen rücken alternative Bewertungsmethoden in den Fokus, die Bewerber realistischer einschätzen lassen. Während Arbeitszeugnisse in Deutschland nach wie vor gesetzlich vorgeschrieben sind, wird ihr Einfluss in der Praxis immer geringer.