Die Einführung der digitalen Rechnung (eRechnung) als Instrument zur Digitalisierung von Geschäftsprozessen steht vor neuen Entwicklungen durch die Vorgaben der EU. Die geplante Einführung im Jahr 2028 mit begleitendem Reporting wirft bereits jetzt Fragen auf. Deutschland strebt derzeit eine nationale Regelung bereits ab 2025 an. Da rechtliche und technische Vorgaben noch fehlen, muss dieser Zeitplan zur Digitalisierung (leider wieder) als unrealistisch betrachtet werden. Das Szenario erinnert an frühere Digitalisierungsanstrengungen „Made in Germany“, bei denen Verpflichtungen zur Nutzung voreilig umgesetzt wurden, lange bevor eine effektive Nutzbarkeit gegeben war.
Die digitale Rechnung: Ein Schritt in die Zukunft
Die digitale oder elektronische Rechnung, kurz eRechnung, hat das Potenzial, Geschäftsabläufe zu optimieren, Zeit und Ressourcen zu sparen und die Umweltbelastung zu reduzieren. Die EU hat erkannt, dass die Einführung einer einheitlichen eRechnungsregelung einen wichtigen Schritt in Richtung Digitalisierung darstellen kann. Geplant ist die Einführung im Jahr 2028, begleitet von umfassendem Reporting, um die Fortschritte zu überwachen und sicherzustellen.
Deutschlands ehrgeiziges Ziel und die Herausforderungen
Deutschland hat ehrgeizige Pläne, bereits ab 2025 eine nationale eRechnungsregelung umzusetzen. Dieses Vorhaben bietet einige Herausforderungen: Zum einen stehen die rechtlichen Vorgaben noch nicht fest. Es bedarf klarer und einheitlicher Richtlinien, um Unternehmen Sicherheit und Rechtsschutz zu bieten. Zum anderen sind die technischen Vorgaben und Standards noch nicht ausgereift. Eine frühzeitige Einführung ohne ausreichend entwickelte technische Grundlagen kann zu Ineffizienzen, Unsicherheiten und möglicherweise sogar zu Rückschlägen führen.
Lehren aus der Vergangenheit – Digitalisierung „Made in Germany“
Die aktuelle Situation erinnert unglücklicherweise an frühere Beispiele der Digitalisierung „Made in Germany“. In der Eile, auf den digitalen Zug aufzuspringen, wurden oft Verpflichtungen zur Nutzung digitaler Lösungen eingeführt, bevor diese ausgereift waren. Die Folge waren häufig unzureichende Funktionalitäten, Kompatibilitätsprobleme und hohe Anpassungskosten für Unternehmen.
Beispiel Kassensicherheit
Ein Beispiel sind die Registrierungspflichten für Kassensysteme, die die Finanzverwaltung bis heute nicht elektronisch annehmen kann. Zudem gab es beim Thema Kassen ein weiteres Problem. Die zur Einführung verbleibende Zeit war für die Hersteller, Softwarehäuser, Berater und Unternehmern letztlich viel zu kurz. Dies lag auch daran, dass es zwar ein Gesetz gab, die Anweisungen, wie dieses Gesetz in die Praxis umgesetzt werden soll, fehlten jedoch.
Als dann endlich sowohl das Bundesfinanzministerium (BMF) als auch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) soweit waren, ist viel kostbare Zeit verstrichen. Im Rahmen der Einführung gab es ein weiteres Problem: Die Regelungen waren – steuerlich und technisch – so komplex, dass weder IT-Fachleute noch Steuerberater etwas damit anfangen konnten. Nur durch gemeinsame Arbeitsgruppen konnte das Pensum an Informationen bewältigt und die Einführungsprojekte vorangetrieben werden.
Fazit zur digitalen Rechnung: Klugheit vor Schnelligkeit
Es ist zu begrüßen, dass nach Jahren Bewegung in das Thema eRechnungen kommt. Die neuen Vorschläge für die eRechnung werfen wichtige Fragen auf, die vollständig geklärt sein sollten. Eine überstürzte nationale Einführung der Regelungen könnte zur erheblichen Mehraufwand für inländische Unternehmer führen. Insbesondere dann, wenn die nationalen Regelungen nicht vollständig mit den finalen Vorgaben der EU abgestimmt sind.
Wenn die Digitalisierung der Rechnungen erfolgreich verläuft, gibt es Regelungen, die europaweit zur Kompatibilität führen. Falls dies scheitert, müssten Unternehmer ggf. je Nationalstaat unterschiedliche eRechnungs-Vorschriften anwenden. Deutschland sollte die Chance nutzen, die Digitalisierung klug und nachhaltig voranzutreiben, um langfristigen Erfolg sicherzustellen. Daher sollte der deutsche Gesetzgeber die (finalen) Vorgaben aus Europa abwarten, um Mehraufwand von den Unternehmen abzuwenden.