Steuerberater

Beraten Steuerberater?

Fehlende Beratung durch Steuerberater – Bloßes Marketing von Coaches oder ein echtes Problem?

Die Werbeaussagen mancher Online-Coaches für Steuern, Finanzen und Unternehmertum, könnten einen Glauben lassen, dass Steuerberater kaum mehr als die Buchhaltung des Unternehmens und dessen Steuererklärungen bewerkstelligen können. Zumindest beraten Steuerberater nach den vielfach getätigten Aussagen nicht. Manche Coaches negieren sogar eine umfassende Kenntnis des Steuerrechts.

Ist da etwas Wahres dran? Wir möchten mit diesem Kommentar zur Thema die Situation aus unserer Sicht schildern und vielleicht auch etwas Licht ins Dunkel bringen.

Es gibt nicht „den Steuerberater“

Zunächst einmal handelt es sich beim Steuerberater, anders als beim Coach oder Steuermentor, um eine gesetzlich geschützte Berufsbezeichnung. Der Zugang zum Beruf ist durch eine Prüfungsordnung geregelt und die Steuerberaterkammern überwachen den Berufsstand im Rahmen der Selbstverwaltung. Die Steuerberater gehören zu den freien Berufen und sind deshalb nicht weisungsgebunden.

Nun ist es so, dass jede*r Steuerberater*in den Beruf etwas anders ausübt. Die eine beschäftigt sich vielleicht nur mit Umsatzsteuer, der andere nur mit komplexen Umwandlungen, eine ist selbstständig, der andere im Unternehmen angestellt, der eine berät nur Ärzte und die andere nur Handwerksbetriebe. Es gibt – meist in den kleineren Kanzleien – viele Generalisten, während gerade in Großkanzleien ganze Einheiten nur ein Thema bearbeiten. Ein Schubladendenken über „die Steuerberater“ hilft – wie an vielen anderen Stellen – also nicht weiter.

Dass Steuerberater – sogar über das Steuerrecht hinaus – beraten (dürfen), zeigt auch die Liste der vereinbaren Tätigkeiten der Bundessteuerberaterkammer ↗.

Wahrheitsgehalt von Marketing-Aussagen

Nicht nur bei Online-Coaches, sondern insgesamt im Marketing, scheinen viele Aussagen eher der Kunst- und Meinungsfreiheit zu unterliegen, als wissenschaftlich fundiert zu sein… Oder wie ist das mit den „gesunden Frühstücks-Cerealien“, die voll mit Zucker sind, zu verstehen?

Wenn nun Coaches darauf abzielen, einen teuren Kurs zu vermarkten, müssen die Aussagen auch sitzen. Da kommt es gelegen, das manche Mandanten mit der fehlenden Beratung ihres Steuerberaters unzufrieden sind. Diese werden dann als Beispiel genutzt und das Ergebnis pauschal über die ganze Branche, die nicht berät und in der Ausbildung auch „nichts über Steuersparpotentiale gelernt“ hat, anzuwenden.

Können Steuerberater zum Nulltarif beraten?

Was oft übersehen wird: Gute Beratung kostet Geld. Das kann man an den Tarifen so mancher Coaching-Anbieter nachvollziehen. Da werden auch 5-stellige Beträge für ein Steuercoaching-Wochenende mit 100 anderen Teilnehmern aufgerufen.

Wenn der gleiche Unternehmer, der diesen Kurs besucht, bei seinem Steuerberater den geringsten Preis zahlen möchte und daher jede Preiserhöhung oder Rechnung hinterfragt, braucht er sich nicht wundern. Am Ende hat er sich so für einen „Tarif“, der die reine Buchhaltung ohne jedwede Nebenleistung und den Jahresabschluss enthält, entschieden.

Je nach Vertrag mit dem Berater sind bereits kleine Fragen kostenpflichtig oder im Preis enthalten. Größere Anfragen und spätestens die Beratung zu Umstrukturierungen sind immer kostenpflichtig. Wenn nun aber der Mandant die Kosten scheut, kann man dann dem Steuerberater vorwerfen nicht zu beraten? Wir meinen nein.

Müssen Mandanten auch etwas für die Beratung tun?

Jede Beratung erfordert Wissen. Und damit ist nicht unbedingt das Fachwissen über Steuern gemeint, sondern das Wissen über die Wünsche und Hintergründe des Mandanten. Wenn der Steuerberater nicht erfährt, dass es in der Familie Verwandte mit großem Vermögen gibt und dieses möglichst steuerfrei auf die Erben übertragen werden soll, kann er dazu auch nicht beraten.

Wer also erstmals in einem Coaching von einer möglichen Steuergestaltung erfährt, muss sich auch immer Fragen, ob er oder sie sich vorher schon einmal mit dem Thema an seinen Steuerberater gewandt hat.

Natürlich gibt es auch die proaktive Beratung. So kann der Berater z.B. über bestimmte Vorgehensweisen aufklären oder auf fehlende Bescheinigungen hinweisen. All das ist ja bereits Beratung im kleinen Rahmen. Für den großen Wurf, ist eine intensive Zusammenarbeit erforderlich, d.h. der Steuerberater muss auch in die Unternehmens- bzw. Lebensplanung mit einbezogen werden, damit am Ende eine optimale Gestaltung gewählt werden kann.

Fazit:

Aus unserer Sicht ist der Steuerberater der Ansprechpartner Nummer 1 für steuerliche Beratung. Fort- und Weiterbildungen für den Unternehmer machen auch für Unternehmer Sinn. Letztlich ersetzt ein Coaching jedoch nicht die Beratung im Einzelfall. Und spätestens dann kommt der eigene Steuerberater wieder ins Spiel. Daher macht es oft Sinn, diesen frühzeitig einzubinden.

Und manchmal lassen sich so sogar die Kosten für ein (überteuertes) Coaching sparen. 😉

Mehr zum Thema:

In unserem Beitrag über Steuer-Gurus erfahren Sie mehr über einige Online-Coaches. Darin erläutern wir auch warum nicht jedes Modell, dass man online erfährt, auf die eigene Situation passt.

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