gefälschteAU

Warnung vor gefälschten AU-Bescheinigungen

Was Arbeitnehmer und Arbeitgeber wissen müssen

Plietsch hat bereits ausführlich über das Thema eAU (elektronische Krankmeldung) berichtet. Seit Januar 2023 ist dieses Verfahren Pflicht. Hier soll es aber gar nicht um die neuen digitalen Verfahren und deren komplizierte Anwendung gehen.

Die digitale Welt bringt im Bereich der Krankmeldungen neue Möglichkeiten aber dadurch auch neue Probleme mit sich. So kann es im Rahmen von Online-Sprechstunden zu gefälschten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (AU-Bescheinigungen) kommen. Sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber müssen die rechtlichen und praktischen Konsequenzen solcher Fälschungen kennen und verstehen.

Risiken für Arbeitnehmer

Das Fälschen einer AU-Bescheinigung ist kein Kavaliersdelikt. Arbeitnehmer, die erwischt werden, riskieren ernste rechtliche Konsequenzen. Das Einreichen einer gefälschten AU-Bescheinigung kann als Urkundenfälschung gewertet werden und ist somit strafbar. Neben den strafrechtlichen Konsequenzen können Arbeitnehmer auch arbeitsrechtlich belangt werden. Dies kann zur fristlosen Kündigung führen und künftige Beschäftigungschancen beeinträchtigen. Wird der Arbeitnehmer weiterhin beschäftigt, ist zumindest das Vertrauensverhältnis zwischen ihm und seinem Arbeitgeber negativ beeinflusst.

Herausfordrungen für Arbeitgeber

Arbeitgeber stehen vor der Herausforderung, die Echtheit von AU-Bescheinigungen zu überprüfen, insbesondere durch die Zunahme von Online-Portalen, die gefälschte Dokumente anbieten. Es handelt sich dabei um Online-Anbietern, wie beispielsweise dransay.com bzw. au-schein.de. Hier sind einige Tipps, wie Arbeitgeber vorgehen können:

Prüfung der Daten

Arbeitgeber sollten die angegebenen Daten sorgfältig überprüfen und auf Unregelmäßigkeiten achten, wie z.B. ungewohnte Schriftarten oder Layouts. Bei der digitalen AU ist damit eher nicht zu rechnen, da diese Systeme nur Ärzten zur Verfügung stehen und keine Zugriffsmöglichkeit des Arbeitnehmers besteht.

Direkte Kontaktaufnahme

Bei Verdacht kann der Arbeitgeber direkt beim ausstellenden Arzt nachfragen. Dies sollte jedoch unter Berücksichtigung des Datenschutzes und der Schweigepflicht erfolgen.

Schulung der Personalabteilung

Arbeitgeber sollten ihre Personalabteilungen regelmäßig schulen, um Fälschungen besser erkennen zu können und rechtssicher zu handeln.

Warnung der Ärztekammer

Die Ärztekammer Nordrhein ↗ warnt eindringlich vor der Nutzung gefälschter AU-Bescheinigungen aus Online-Portalen, die von nicht zugelassenen Ärzten erteilt wurden. Sie betont die ethischen und rechtlichen Verpflichtungen der Ärzte und ruft dazu auf, Missbrauch zu melden. (Nicht zugelassene) Ärzte, die solche Bescheinigungen ausstellen, machen sich strafbar und riskieren den Verlust ihrer Approbation (falls vorhanden).

Im Rahmen von Prozessen dazu hat das Arbeitsgericht in Neumünster festgestellt, dass bei der Inanspruchnahme solcher Online-Services Unwissenheit nicht vor Strafe schützt.

Ein weiterer Stolperstein: Die Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie

Doch selbst wenn der Arzt zugelassen ist, kann eine Krankschreibung formal fehlerhaft sein, wie der Arbeitgeberverband Lüneburg-Nordostniedersachsen berichtet ↗. Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen hatte im April 2024 über einen Fall entschieden, bei dem AU-Bescheinigungen nach telefonischer Beratung durch eine Ärztin erteilt wurden.

Sowohl für die Erstbescheinigung als auch für die Folgebescheinigungen haben die Richter die Beweiskraft als erschüttert angesehen. Zum einen fehlte es an einer „sicheren Feststellung der Arbeitsunfähigkeit“ lediglich auf Grund eines Telefonates. Zudem durfte in der Folgebescheinigung keine voraussichtliche zukünftige Krankheitsdauer von mehr als zwei Wochen bescheinigt werden. Da die Klägerin auch keinen weiteren Vortrag zu Verhaltensregeln während der Erkrankung oder geeigneter Medikation gemacht hat, hat sie gemäß Urteil keinen keinen Anspruch auf Arbeitslohn.

Ein anderer Fall wurde, wie der Arbeitgeberverband berichtet ↗, vom Landesarbeitsgericht Niedersachsen Ende Mai 2024 entschieden. Auch hier fehlte es neben der überlangen Krankschreibung an einer konkreten Darlegung von Symptomen und Verhaltensweisen. Zudem stimmten die vom ehemaligen Arbeitnehmer beschriebenen Krankheitsbilder nicht mit denen der Diagnosen des Arztes überein. Auch hier war die Folge, dass die Arbeitsunfähigkeit mangels Anerkennung nicht zu einer Lohnfortzahlung führte.

Fazit

Gefälschte AU-Bescheinigungen stellen ein ernstes Risiko für Arbeitnehmer sowie Arbeitgeber dar. Arbeitnehmer sollten sich der strafrechtlichen und arbeitsrechtlichen Konsequenzen bewusst sein, während Arbeitgeber verstärkt auf die Echtheitsprüfung achten sollten. Die Ärztekammern spielen eine entscheidende Rolle bei der Sensibilisierung und Bekämpfung dieses Missbrauchs, indem Hinweise zu nicht zugelassenen Ärzten veröffentlicht werden.


Update vom 26.08.2024: Absatz zum Urteil zur Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie ergänzt
Update vom 03.12.2024: Urteil das LAG Niedersachsen aus Mai 2024 ergänzt

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