Erbschaftsteuer

Erbschaftsteuer (vor dem Bundesverfassungsgericht) im Feuer

Die Erbschaftsteuer steht in Deutschland regelmäßig in der Diskussion und ist oft Gegenstand juristischer Auseinandersetzungen. Es gibt immer wieder Forderungen nach Reformen, die von der generellen Abschaffung der Steuer bis hin zur Erhöhung reichen. Auch eine Inflationsbedingte Anpassung der Freibeträge wird gefordert.

Aktuell steht die Erbschaftsteuer erneut beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) „im Feuer“. Insofern steht – wieder einmal – die Verfassungswidrigkeit der Erbschaftsteuer im Raum. Doch wie steht es um die verschiedenen Verfahren und was sind die Kernpunkte der Debatte zur Erbschaftsteuer?

Aktuelle Verfahren zur Erbschaftsteuer vor dem Bundesverfassungsgericht

In mehreren Verfahren steht die Erbschaftsteuer vor dem Bundesverfassungsgericht im Feuern. In der Jahresvorausschau des BVerfG ↗ wird für beide Verfahren in 2024 mit einer Entscheidung gerechnet.

Normenkontrollantrag Bayerns

Die Freibeträge wurden seit Jahren nicht angepasst, während die Immobilienpreise und das allgemeine Vermögen stetig gestiegen sind und auch durch Änderungen bei der Bewertung höhere Werte Berücksichtigt werden. Dies führt dazu, dass immer mehr Erben Erbschaftsteuer zahlen müssen. Die Kläger argumentieren, dass die Freibeträge so angepasst werden müssen, dass sie die gestiegenen Vermögenswerte und Lebenshaltungskosten berücksichtigen.

Die bayerisches Staatsregierung unter CSU-Ministerpräsident Söder hat im Sommer 2023 Normenkontrollantrag (1 BvF 1/23) eingereicht, da die Freibeträge zur Erbschaftsteuer seit 2009 nicht mehr angepasst wurden. In der begleitenden Pressemitteilung wurde ein „Ausverkauf der Heimat“ als Drohkulisse aufgeführt.

Verfahren zur Steuerbefreiung von Unternehmensvermögen

Es liegt eine Verfassungsbeschwerde (1 BvR 804/22) vor, um zu klären ob die Begünstigungen bei der Übertragung betrieblichen Vermögens eine Benachteiligung für Erwerber anderen Vermögens darstellen.

Die früheren Regelungen zu den Befreiungen führten zuletzt in 2012 zu einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts. In der Folge wurde das Erbschaftsteuergesetz in 2016 angepasst. Die Regelungen wurden in Fachkreisen von Anfang an kritisiert und teilweise auch als verfassungswidrig angesehen.

Forderungen zur Reform Erbschaftsteuer

Der Druck auf die Politik, die Erbschaftsteuer zu reformieren, ist groß, da die Steuer als ungerecht empfunden wird. Dabei werden jedoch auch Scheinargumente in die Debatte eingebracht, die von Laien nicht weiter beurteilt werden können. So ist zum Beispiel der Vorwurf, dass Unternehmen oder Immobilien verkauft werden müssen, um die Steuer bezahlen zu können, oft übertrieben. Denn schließlich ist dafür eine Möglichkeit zur Stundung der Steuer vorgesehen.

Einzelne Landtagswahlen (z.B. Bayern 2023) aber auch die in 2025 bevorstehende Bundestagswahl feuern die Debatte an. Folgende Punkte werden unter anderem diskutiert:

Erhöhung der Erbschaftsteuer

Während Erbschaften jährlich etwa 10% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ausmachen, trägt die Erbschaftsteuer – gerade durch die erhebliche Befreiung der Unternehmensvermögen – nur einen geringen Anteil am Steueraufkommen. Es gibt daher einige Vorschläge, die Erbschaftsteuer zu erhöhen.

Diese gehen sogar bis zu dem Vorschlag einer 100%-igen Erbschaftsteuer – was einer Abschaffung von Erbschaften gleichkommen würde. In dieser Extremposition, die beispielsweise Professor Stefan Gosepath in einem Interview bei der taz vertritt, erhält – neben der besseren Finanzierung des Staates – im Ausgleich jeder Bürger einmalig einen Betrag, über dessen Höhe noch zu befinden wäre.

Die Stiftung Ein Erbe für Jeden fordert ein „Grunderbe“ für jeden. Im Alter von 18 bis 30 soll jede*r Bundesbürger*in einmalig 20.000 € erhalten, die über eine höhere Erbschaftsteuer finanziert werden.

Erhöhung der Freibeträge

Dies wird von unter anderem von der CSU gefordert, die – wie oben erwähnt – bereits Klage vor dem Bundesverfassungsgericht eingereicht hat. Begründet wird dies unter anderem damit, dass die Freibeträge seit 2008 nicht mehr angepasst worden sind.

Abbau von Steuerprivilegien

Als Gegenvorschlag zu den Forderungen Bayerns (CSU/ Freie Wähler) hat Hamburg (SPD/ Grüne) in 2023 einen Gegenvorschlag eingereicht. Ziel des Vorschlags war es „Steuerprivilegien konsequent abzubauen ohne den Mittelstand aus den Augen zu verlieren.“ Damit sollen die Staatseinnahmen gesichert und und eine sozial gerechtere Erbschaftsteuer geschaffen werden.

Befreiung von Immobilien/ andere Bewertung

Seit 2023 wurde die Bewertung der Immobilien angepasst, damit die ermittelten Werte eher den tatsächlichen Werten entsprechen. In der Folge wird die Übertragung von Immobilien seit 2023 höher besteuert. Dies war jedoch geboten, damit keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung unterschiedlicher Vermögensarten erfolgt. Auf der anderen Seite hat sich dadurch die Kritik an der Erbschaftsteuer deutlich erhöht.

Die CSU fordert eine Steuerfreiheit, wenn die Immobilie der Eltern für 10 Jahre durch die Erben gehalten wird. Für das „Familienheim“ gibt es eine Regelung bereits, die jedoch auf 200 m² begrenzt ist.

(Abschaffung der) Befreiungen für Unternehmen

Nach der letzten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Erbschaftsteuer sind die Regelungen für die Steuerbefreiung von Unternehmen viel komplexer geworden. Dies war einerseits erforderlich, sofern überhaupt eine Befreiung bestehen sollte, jedoch könnte dies andererseits erneut eine Verfassungswidrigkeit der Steuer begründen. Denn bereits geringe Abweichungen können zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen (Steuerfreiheit vs. volle Steuerpflicht) führen und machen die Regelungen dadurch nahezu unbeherrschbar.

Parallel dazu gibt es immer wieder Forderungen zur Anpassung der Befreiung von (Familien-)Unternehmen, die auch hier von der vollständigen Abschaffung der Befreiung bis zur Vereinfachung und vollständigen Befreiung reichen.

Die Partei „Die Linke“ fordert die vollständige Streichung aller Vergünstigungen für große Unternehmenserbschaften. Die Partei rechnet mit jährlichen Mehreinnahmen von 70 Mrd. €.

Abschaffung der Erbschaftsteuer

Die politischen Parteien „Alternative für Deutschland“ und „Freie Wähler“ fordern die vollständige Abschaffung der Erbschaftsteuer. Über alternative Finanzierungskonzepte des Staatshaushalts schweigen beide Parteien jedoch. Die „Freien Wähler“ sprechen in der Debatte von einer Neidsteuer, die „ungerechter Weise in das Eigentum der Menschen eingreift“. Das ist ein interessanter Einwand, dürfte aber jede andere Steuer auf der Welt gleichermaßen betreffen.

Fazit

Sollte das Bundesverfassungsgericht den aktuellen Regelungen der Erbschaftsteuer eine Absage erteilen und eine Anpassung fordern, müsste die Politik erneut zügig handeln. Auf Grund der unterschiedlichen Positionen der Parteien dürfte eine Einigung (erneut) sehr schwer werden.

Ein Anstieg der Freibeträge würde viele Erben entlasten und die Anzahl der Fälle reduzieren, in denen Erbschaftsteuer festgesetzt wird. Dies wird wiederum zu Mindereinnahmen für den Staat führen, die an anderer Stelle kompensiert werden müssten. Viele beobachten die Entwicklungen dieses Themas genau, da es die finanzielle Planung vermögender Familien und Unternehmen in Deutschland erheblich beeinflusst.

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