Bereits vor zwei Jahren haben wir in unserem Steuerblog das Thema Scheinselbstständigkeit behandelt. Die Rechtsprechung hat sich dazu in den letzten Jahren zusehends verschärft. Das gilt auch für die Tätigkeit von Lehrern beziehungsweise Honorarkräften an verschiedenen Schularten. Daher stellt sich für viele Schulen die Frage: Wann ist ein Lehrer scheinselbstständig?
Welche Schulen sind betroffen?
Letztlich sind alle Schulen betroffen, die Lehrer*innen auf Honorarbasis beschäftigen. Hier muss in jedem Einzelfall geprüft werden ob die Voraussetzungen vorliegen, die zur Umqualifizierung in ein Arbeitsverhältnis führen.
Vor Aufnahme der Tätigkeit sollte – vergleiche dazu unser o.g. Blog – ein Statusfeststellungsverfahren eingeleitet werden, um Rechtssicherheit zu haben.
Welche Lehrkräfte können Scheinselbstständig sein?
Jede*r Lehrer*in, der/die nicht angestellt ist, kann beim Vorliegen der Voraussetzungen als Arbeitnehmer*in eingestuft werden. In der Folge gelten diese dann ebenfalls als Arbeitnehmer*innen. Zu den Folgen verweisen wir ebenfalls auf unseren früheren Blogbeitrag.
Unter welchen Voraussetzungen ist ein*e Lehrer*in scheinselbstständig?
Die Typischen Merkmale der Scheinselbstständigkeit haben wir bereits vor zwei Jahren im Blog erwähnt. Die Besonderheit bei Honorar-Lehrkräften ist, dass das Bundessozialgericht (BSG) mit seinem Urteil vom 28.06. 2022 (B 12 R 3/20 R) gegen die Stadt Herrenberg, eine Reihe von Merkmalen vorgegeben hat, die bei Lehrkräften für eine abhängige Beschäftigung sprechen:
- Pflicht zur persönlichen Erbringung der Arbeitsleistung
- Festlegung von Unterrichtszeiten
- fehlendes Unternehmerrisiko durch Vertragsabwicklung über die Schule
- Vorgabe von Stunden-/ Lehrplänen
- Zuteilung von Lerngruppen/ Schüler*innen
- Meldepflicht bei Unterrichtsausfall
- Zuweisung bestimmter Räume des Auftraggebers
- Teilnahmepflicht bei Konferenzen
- Einbindung in die Organisation der Schule, auch durch Stellung von Instrumenten und Lehrmaterial
- Übernahme von Reinigungsleistungen durch den Auftraggeber
Wird es eine Übergangslösung geben?
Um eine Rechtssicherheit für die zahlreichen Musik-, Tanz-, Kunst-, Volkshochschulen und andere Einrichtungen zu erreiche, wäre ein Vertrauensschutz für Altfälle wünschenswert. Unklar ist nämlich, ob es sich beim Herrenberg-Urteil um eine „echte“ Rechtsprechungsänderung oder „lediglich“ um die Fortentwicklung bzw. Konkretisierung der bisherigen Rechtsprechung handelt. Das BSG selbst scheint lediglich von einer Weiterentwicklung auszugehen, was gegen eine rein judikative Übergangslösung spricht.
Aktuell ist ein weiteres Verfahren vor dem BSG anhängig, bei dem es genau um diese Fragestellung geht. Hier hatte das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen-Bremen für die Jahre bis 2022 einen Vertrauensschutz gewährt. Mit einem Urteil des BSG in diesem Fall wird für Anfang 2025 gerechnet. Wir berichten erneut.
Was sagen die Verbände?
Eine Nachzahlung der Sozialversicherungsbeiträge hätte für die meisten Schulen existenzbedrohende Auswirkungen. Die Verbände der Schulen fordern daher einen Bestandsschutz für Altfälle. Auch wird eine Anpassung des Gesetzes gefordert. Teilweise werden Abgrenzungsmöglichkeiten zu den Urteilen aufgezeigt, um der Scheinselbstständigkeit der angeschlossenen Lehrer*innen zu entgehen (vgl. PDF des Deutschen Volkshochschul-Verbands ↗).
Was sollte eine Schule unternehmen?
Sie sind Inhaber oder Betreiber einer Schule und beschäftigen freiberufliche Lehrkräfte? Dann sollten Sie – wie bereits in unserem früheren Blogbeitrag erläutert – dringend ein Statusfeststellungsverfahren für die Lehrkräfte vornehmen. Prüfen Sie alternativ auch, ob die Anstellung von Lehrkräften für Sie eine Alternative darstellen kann.
Gerne unterstützen wir Sie bei diesen Fragen, sofern es um steuerliche Themen und die Lohnabrechnung geht. Bezüglich des Sozialversicherungsrechts wenden Sie sich bitte an einen Anwalt für Sozialversicherungsrecht.