Bereits nach wenigen Wochen Amtszeit hat das Finanzministerium Ende Mai den Referentenentwurf für das erste Steuergesetz der neuen Regierung vorgelegt ↗. Das Gesetz soll den schönen Titel „Gesetz für ein steuerliches Investitionssofortprogramm zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland“ tragen. Wir zeigen auf, welche Änderungen beabsichtigt sind.
Ziel des Steuergesetzes
Die Bundesregierung beabsichtigt Investitionsanreize für den Wirtschaftsstandort Deutschland zu schaffen. Dabei sollen „prioritäre Maßnahmen zur Standortstärkung und Investitionsförderung umgesetzt“ werden. Mit dem ersten Steuergesetz der neuen Regierung sollen verstärkt Investitionen gefördert werden, um das Potential der deutschen Wirtschaft zu heben. Gleichzeitig beinhaltet das Gesetz auch „flächendeckende Entlastungen“.
Haushaltswirkung des ersten Steuergesetzes der Bundesregierung
Durch die geplanten Gesetzesänderungen ist mit einer Haushaltsbelastung von 2,5 Mrd. € in 2025 bis 12 Mrd. € in 2028 zu rechnen. Davon tragen die Länder und Gemeinden einen wesentlichen Anteil von 69,4 % (2025) bzw. 58,7 % (2028). Dementsprechend trifft der Gesetzentwurf, wie bereits entlastende Gesetze der Ampelregierung, nicht auf Zustimmung unter den Bundesländern. Inwieweit die aktuelle Regierung die Mehrheit im Bundestag erzielen kann, bleibt daher abzuwarten.
steuerliche Maßnahmen der neuen Bundesregierung
Im Folgenden zeigen wir die einzelnen Maßnahmen auf, die durch das Gesetz umgesetzt werden sollen.
Degressive Abschreibung – Mal wieder
Für vom 1.7.2025 bis 31.12.2027 angeschaffte Wirtschaftsgüter soll eine degressive Abschreibung gelten und das 3-fache der linearen Abschreibung und höchstens 30% betragen.
Unsere Meinung: Er ist wieder da, der „Wurstblinker“ des deutschen Steuerrechts, die degressive Abschreibung. Von der Regierung als „Investitions-Booster“ angekündigt ist es doch ein wiederkehrender Rhythmus: Schwächelt die Konjunktur wird die degressive Abschreibung eingeführt, geht es der Wirtschaft gut, wird sie wieder gestrichen.
Wenn gleichzeitig Beschwerden über das „komplizierte Steuerrecht“ vorgetragen werden, wäre es doch einmal an der Zeit diese Regelung dauerhaft einzuführen.
Der Deutsche Steuerberaterverband (DStV) fordert ↗ eine dauerhafte Beibehaltung der degressiven Abschreibung sowie weitere Anpassungen bei den Abschreibungsregeln.
Anpassung der Grenze für Elektrofahrzeuge im Rahmen der 1%-Regelung
Seit 2019 galt die ermäßigte 1%-Regelung (1/4 % statt 1 %) für Elektrofahrzeuge bis zu einem Bruttolistenpreis von 70 T€. Ab Juli 2025 soll diese Grenze auf 100 T€ angehoben werden.
Unsere Meinung: Eine längst überfällige Maßnahme, wenn man den Fahrzeugmarkt betrachtet. Dies wollte bereits die Ampel-Regierung umsetzen, ist jedoch im Bundesrat gescheitert.
Gesonderte Abschreibungsregeln für Elektrofahrzeuge
Zwischen 1.7.2025 und 31.12.2027 neu angeschaffte Elektrofahrzeuge sollen gesondert abgeschrieben werden:
- 75% im 1. Jahr
- 10% im 2. Jahr
- 5% im 3. und 4. Jahr
- 3% im 5. Jahr und
- 2% im 6. Jahr
Unsere Meinung: Warum 3% und 2%? Hätte man dann nicht einfach die 5% für ein Jahr stehen lassen können?
Im Übrigen bietet sich hier ein tolles „Steuersparmodell“ an: Im ersten Jahr die 1%-Regelung nutzen und dann später, wenn das Auto deutlich geringere Kosten verursacht auf die Fahrtenbuch-Methode umsteigen.
Senkung der Steuersätze für Körperschaftsteuer und Thesaurierungsgewinne
Die Steuersätze für Körperschaftsteuer sollen wie folgt angepasst werden:
- bisher: 15 %
- 2028: 14 %
- 2029: 13 %
- 2030: 12 %
- 2031: 11 %
- ab 2032: 10 %
Die Steuersätze für stehengelassene Gewinne (z.B. bei Personengesellschaften) sollen wie folgt angepasst werden:
- bisher: 28,25 %
- ab 2028: 27 %
- ab 2030: 26 %
- ab 2032: 25 %
Der DStV moniert ↗, dass die Thesaurierungsbesteuerung zu unflexibel sei und nicht den Bedürfnissen kleiner und mittlerer Unternehmen gerecht wird. Lediglich für Steuerpflichtige im Spitzensteuersatz stellt die Regelung eine Erleichterung dar.
Unsere Meinung: Zum einen halten wir wenig von tariflichen Vorgaben über mehrere Jahre, da diese oft nicht haltbar sind. Zusätzlich belastet diese Maßnahme überwiegend nachfolgende Regierungen, was politisch nicht ganz fair ist.
Dazu kommt, dass die Thesaurierungsbesteuerung oft nicht gewählt wird, da die Steuer – zusammen mit der anfallenden Nachversteuerung in schlechten Zeiten – auch zukünftig noch über dem Spitzensteuersatz von 45 % liegt.
Und bei der Körperschaftsteuer stellt sich eine weitere Frage: Ist das EU-rechts-konform? Denn schließlich haben sich die Mitgliedsstaaten auf eine Mindeststeuer von 15 % geeinigt. Wird die Gewerbesteuer dabei eingerechnet oder greift nur der Steuersatz für die Körperschaftsteuer?
Und warum senkt man die Körperschaftsteuer, lässt aber den Solidaritätszuschlag bestehen? Für die Länder und Kommunen wäre es viel besser, wenn der Solidaritätszuschlag abgeschafft werden würde, statt die Körperschaftsteuer zu senken, da diese nicht am Aufkommen beteiligt sind.
Verbesserungen bei der Forschungszulage
Zunächst werden Gemeinkosten ab 2026 pauschal mit 20 % der Aufwendungen berücksichtigt. Zusätzlich wird die Grenze der förderfähigen Aufwendungen erneut ab 2026 erhöht:
- 1. Halbjahr 2020: 2 Mio. €
- 1.7.2020 – 27.3.2024: 4 Mio. €
- 28.3.2024 – 31.12.2025: 10 Mio. €
- ab 2026: 12 Mio. €
Kritik der Opposition
Die Grünen haben (Bericht bei tagesschau ↗) der Bundesregierung vorgeworfen die Versprechen im Rahmen der Änderung der Schuldenbremse zu brechen. Die Neuverschuldung sollte Investitionen dienen und nicht der Erhöhung der Staatsverschuldung durch Steuergeschenke. Zudem belaste das Gesetz die Kommunen erheblich.
Welche Folgen diese Kritik für das weitere Gesetzgebungsverfahren hat, bleibt abzuwarten.
Kritik der Länder
Wie die RheinischePost berichtet ↗, haben die Ministerpräsidenten der Länder gefordert, dass der Bund die Lasten aus der Steuersenkung trägt. Die Ländern verhandeln nun über eine Kompensation der geplanten Steuerausfälle in Höhe von 20 bis 25 Milliarden €.
Ein langwieriges Vermittlungsverfahren wolle die Bundesregierung vermeiden, um schnell Wachstumsimpulse setzen zu können. In der Folge ist bis zum 20. Juni eine weitere Ministerpräsidentenkonferenz beabsichtigt.
Unser Fazit zum ersten steuerlichen Gesetzentwurf der Bundesregierung
Das erste Steuergesetz der neuen Bundesregierung setzt einerseits, zum Beispiel mit der Steuersenkung ab 2028, Maßnahmen aus dem Koalitionsvertrag um. Andererseits werden auch Maßnahmen der bisherigen Regierung übernommen, die bisher im Bundesrat gescheitert sind.
Da die Finanzauswirkung auf Länder und Kommunen erheblich ist, bleibt abzuwarten ob und in welchen Teilen das Gesetz im Bundesrat Zustimmung findet.
Updates zum Beitrag
11.06.2025: Ergänzung um die Forderungen des DStV